Der Verein Energiewende e.V. begrüßt grundsätzlich, dass die Landesregierung nun endlich die Absicht konkretisiert, ihren Klimaverpflichtungen nachzukommen. Allerdings sind die hier formulierten Ziele wenig ambitioniert.
Insbesondere fällt bei der Anhebung der CO2 Reduktion auf 65 % bis 2030 (bezogen auf das Basisjahr 1990) auf, dass dieser Wert bereits im Jahr 2020 erreicht war. Grund ist der hohe Ausgangswert durch Bergbau und Kohleverstromung. Beides wurde durch Einflüsse der Bundespolitik zurückgefahren. Wird diese Gunst nun genutzt, um wirksame eigene Klimamaßnahmen in die Wege zu leiten? Leider in viel zu geringem Maß. Dies wird schon dadurch erkennbar, dass die Planung bis 2030 nur einmal überprüft und ggf. nachgebessert werden soll. Es fehlen Zwischenziele und wirksame Korrekturwege.
Die enthaltenen Maßnahmen werden voraussehbar viel wenig bewirken.
- Es wird das Ziel ausgegeben, bis 2030 die EE-Stromerzeugung im Land von aktuell 20% auf 50% zu heben. Doch wird nicht einmal im Neubau eine wirksame, flächendeckende PV-Pflicht vorgesehen. Stattdessen mildert man die Pflicht auf einen „PV – Ready“ Standard ab und überträgt die Verantwortung für alles weitere den Kommunen mit vorhersehbarem Ergebnis. Auf welchem Pfad mit welchen Zwischenzielen 50 % EE-Anteil an der Stromerzeugung erreicht werden soll, wird nicht erläutert.
- Für die öffentlichen Gebäude wird die energetische Sanierung erst bis zum Jahr 2045 vorgesehen. Dieses Ziel gilt jedoch für jedermann. Wie die öffentliche Hand damit Vorbildfunktion wahrnehmen könnte, bleibt rätselhaft. Es werden viele weiche Faktoren angesprochen, die alle sinnvoll sind (insbesondere die Einführung eines CO2 Schattenpreises bei der Beschaffung), es fehlen jedoch ausreichende Standards.
- Die kommunalen Träger sollen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben personell und finanziell unterstützt werden. Konkret werden sie jedoch an den Bund weiter verwiesen (Kommunalrichtlinie). Es fehlt eine (zum Beispiel vom Land getragene) unabhängige Energieagentur, die Beratungshilfen bieten könnte. Das ZEP Kommunal, welches die Kommunen bei Klimamaßnahmen unterstützen soll, bleibt weiterhin unzureichend ausgestattet.
- Die vorgeschlagenen THG-Einsparziele beziehen sich auf die gesamte Klimabilanz des Saarlandes, in der alle beitragenden Sektoren zusammengefasst sind. Hierbei steht der Industriesektor für ca. 50% der Emissionen. Da das Saarland mit seiner Schwerindustrie eine Sonderrolle spielt (überwiegender Stahlexport außerhalb des Saarlandes), sollte aus dem Industrie-Sektor die Schwerindustrie herausgerechnet werden. So wäre eine bessere Vergleichbarkeit mit anderen Regionen Deutschlands möglich.
- Es kann nicht sein, dass die Klimaschutzmaßnahmen des Saarlandes substanziell mit der Dekarbonisierung der Schwerindustrie erreicht sind. Durch die regionale Sonderrolle des Industrie-Sektors, sollte dieser auch nicht anteilig den Saarländern zugeordnet werden, sondern in einer bundesweiten Bilanz betrachtet werden. Die Sektoren Gebäude, Verkehr, Energiewirtschaft sowie Industrie (ohne Schwerindustrie) müssen eigene Einsparziele erhalten, da diese den Saarländern weitgehend zugeordnet werden können.
- Damit der Erfolg der Klimaschutzmaßnahmen transparent und nachprüfbar wird, ist der Aufbau eines THG-Bilanzierungs-Systems auf kommunaler Ebene erforderlich. Jede Gemeinde über 10.000 Einwohner soll eine entsprechende Klimabilanz vorhalten, damit dort die Beiträge der THG-Emissionen bekannt sind und effiziente Maßnahmen ergriffen werden können. Die Klimabilanzen sollten nach einem einheitlichen Bilanzierungsverfahren erfolgen und mindestens zweijährig aktualisiert und veröffentlicht werden.
- Vor allem fehlt eine umfassende Ausbildungsoffensive, um den allseitigen Mangel an Fachpersonal in absehbarer Zeit zu beseitigen. Es genügt nicht, mehr Personal einzustellen, es muss zuvor ausgebildet werden.
- Im Energiesektor wird das Potential der Tiefengeothermie im Bereich der aufgegebenen Gruben nicht in den Blick genommen. Offensichtlich sind dem Institut die heute noch nutzbaren Potentiale nicht bekannt. Die künftige Versorgung mit Wasserstoff soll über Fernleitungen abgesichert werden. Die Produktion vor Ort wird jedoch nicht betrachtet. Die aktuellen Wasserstoffprojekte decken nur einen Bruchteil des vorhersehbaren Bedarfs, zum Beispiel für die Stahlherstellung. Es fehlt ein Konzept für den Aufbau von Elektrolysekapazitäten bei gleichzeitiger Nutzung der großen Abwärmemengen.
- Erhebliche CO2 Belastungen, zum Beispiel aus der AVA Velsen sollen aufgefangen werden, ohne eine Vorstellung davon, was damit geschehen soll. Nur im Falle einer CCU-Verwendung (CCU: Carbon Capture and Usage) des abgeschiedene CO2- wird kann ein nachhaltige Klimawirkung erzielt werden. CCS (Carbon Capture and Storage) sollte derzeit nicht als Einsparoption angesehen, werden, da die Speicherstätten für CO2 nicht als gesichert angesehen werden können.
- Das Ziel, den Individualverkehr auf der Straße bis 2030 um 40% zu reduzieren ist ein Tagtraum, wenn man es mit den geplanten Maßnahmen vergleicht. So sind bis 2030 erst die notwendigen ÖPNV-Planungen vorgesehen, ohne dass ein einziger zusätzlicher Bus angeschafft werden muss. Auch für Carsharing, on Demand Verkehr und Attraktivierung der Busse existieren bisher nur Schlagworte. Die Förderung der kommunalen Mobilitätsplanung ist gut, ebenso dringend wäre jedoch die Verwirklichung des Verkehrsverbundes Saar, der diesen Namen verdient. Der bisher vorgesehene Neubau von Radwegen wird mit den angedeuteten Maßnahmen sich ebenso wenig von 3 auf 10% steigern lassen wie die angedeuteten Maßnahmen zur Verdichtung der Bahnangebote.
- Der Aufbau von Stoffkreisläufen ist sinnvoll und notwendig.
- Beim Sektor Landnutzung werden nur die Wälder als Kohlenstoffsenken betrachtet. Die Moore fallen unter den Tisch, trotz deren hoher Bedeutung für den Klimaschutz. Auch wenn die Moorflächen im Saarland nicht groß sind, ist deren Klimabeitrag bedeutend, denn sie können die zehnfache Kohlenstoffmenge eines Waldes speichern und emittieren im ausgetrockneten Zustand nicht nur Kohlendioxid, sondern auch Lachgas, das fast 300-mal höhere Klimawirkung hat. Die Wiedervernässung unserer Moore gehört zwingend in ein Klimaschutzkonzept.
Selbst unter den optimistischen Annahmen des Konzeptes, wonach alle vorgestellten Maßnahmen greifen, wird das Ziel, 2045 Klimaneutralität für das Saarland zu erreichen, krachend verfehlt. Die Restquote an Klimagasen verharrt bei fast 30%. Ein Klimaschutzkonzept, das seine eigenen Ziele dermaßen krass verfehlt, ist kein Klimaschutzkonzept, sondern ein Torso. Den Autoren fehlte offensichtlich der Mut, die fehlenden Maßnahmen zu definieren und dann zu implementieren.
Trotz vieler guter Ideen verdient der Entwurf derzeit nicht die Note ausreichend.